„Wie sehr sind wir doch darauf bedacht, eine Lösung unserer Probleme zu finden! Beharrlich suchen wir nach einer Antwort, einem Ausweg, einem Heilmittel. Nie betrachten wir das Problem selbst, sondern suchen aufgeregt und angstvoll nach einer Antwort… nach einer Antwort suchen heißt aber dem Problem ausweichen – und genau das wollen ja die meisten von uns… die Lösung liegt nicht außerhalb des Problems; die Antwort liegt im Problem, nicht anderswo. Wird die Antwort von dem getrennt, worum es eigentlich geht, so erschaffen wir neue Probleme; wie man die Antwort verwirklicht oder in die Tat umsetzt und dergleichen.“ (Krishnamurti 1977)
So manches Theaterprojekt im pädagogischen Kontext hat mit Theater wenig zu tun.
Wenn ich als Theaterpädagoge z.B. ein Projekt zum Thema ‚Gewaltprävention’ durchführe, wirdvon mir nicht selten folgendes erwartet: ein Veranstalter definiert ein Problem (wie oben beschrieben), und ich soll mit der Gruppe Lösungen erarbeiten. Doch auch die Lösungen sind schon festgelegt. Spiel und Theater sollen also benutzt werden, um ein vorher bestimmtes Ziel zu erreichen. Wenn man wie Huizinga (Homo Ludens 1956) Spiel als ‚zweckfreies Handeln’ definiert, kann man hier schon nicht mehr von Spiel sprechen, und mit Kunst hat dieses Vorgehen auch nicht viel zu tun.
Pädagogisches Theater will Probleme lösen, nicht Probleme anschauen. Und im Hinterkopf weiß der Pädagoge auch schon, auf welche Lösung er mit der Gruppe hinarbeitet.
Mit dem künstlerischen Blick dagegen betrachte ich das ‚Problem’ nicht als Problem, sondern als Situation, die ich mir bewusst mache und für die ich einen ästhetisch / künstlerischen Ausdruck suche. Ich will nicht verändern, sondern verdichten und gestalten. Beispiel: ein Konflikt zwischen zwei literarischen Figuren. Als Künstler schaue ich mir, ähnlich wie der Pädagoge, ihre Psychodynamik an. Weiterhin interessieren mich ihre Beziehungen zueinander. Wie ist ihre jeweilige Körperlichkeit? Ihre Haltungen? Wie sind ihre Stimmen? Dick, dünn, leise, klagend oder fröhlich, klar, abgehackt oder undeutlich schwer? Ergeben sich Kontraste? Welcher Rhythmus ergibt sich durch ihr Zusammenspiel? Welche Beziehungen haben sie zum Raum? Welche Muster oder Linien ergeben sich? etc.
Ich bewerte nicht und suche nach Lösungen, sondern versuche mir die Situation liebevoll anzueignen, d.h. weitgehend eins mit ihr zu werden um eine eigene Gestaltung zu finden. Oft wirkt eine Veränderung in der Ästhetik (ein bestimmter Gang, eine Veränderung der Stimme, eine Variation des Lichts, der Musik oder der Kostüme) zurück auf die Situation, und damit auch auf die Psychodynamik.
Als Künstler erlaube ich mir das ‚Experiment’. Ich verabschiede mich nicht nur von einer bestimmten Lösung des Problems, sondern sogar von dem Versuch, überhaupt eine Lösung finden zu wollen. Ich suche nicht eine Lösung, sondern Ausdruck und Formgebung.
Oder anders ausgedrückt: die künstlerische Lösung ist keine psychologische, sondern eine ästhetische.
Ein Paradoxon: die intensive, bewertungsfreie Beschäftigung mit den Dingen bringt oft gerade in dem Moment, wo ich eine ‚stimmige Form’ gefunden habe, auch psychologische Lösungen hervor. Plötzlich habe ich etwas über mich gelernt, ohne bewusst danach gesucht zu haben. (siehe Zitat von Krishnamurti, oben)
Der klassische Pädagoge ist getrennt von den Menschen, Dingen und Situationen: er erlebt sich nicht mit ihnen verbunden, sondern macht sie zu Objekten seiner Anschauung. Er akzeptiert sie nicht, auch wenn er sich das einreden mag, weil akzeptierende Pädagogik in Mode ist. Er will die Menschen verändern, wahrscheinlich weil er sie so nicht aushält – obwohl er wahrscheinlich denkt, es sei zu ihrem Besten. Er ist überzeugt davon, dass er genau weiß, welche Veränderung ihnen gut täte. Dabei befindet er sich ständig in einen unlösbaren Konflikt, weil sein Unterfangen nicht gelingen kann. Weil der Mensch keine ‚triviale Maschine’ (von Foerster: KybernEthik 1993) ist, die man durch äußere Einwirkungen verändern kann.
Man kann Menschen Anregungen geben, doch wie sie diese verwerten, kann weder ein Pädagoge noch sein Klient selbst vorherbestimmen: die inneren Vorgänge und Verarbeitungsmechanismen eines Menschen sind mächtig und verlaufen weitgehend unbewusst.
Im künstlerischen Spiel schaue ich möglichst ‚wertfrei’, d.h. ohne vorwegnehmende Bedeutungsmuster, oder ich setze mir ganz bewusst eine bestimmte ‚Brille’ auf. ‚Brillen’ können mythische Inhalte, Psychodynamik, Umgang mit Raum, Kraft, Zeit etc. sein. Ich nutze den Zu-Fall als Quelle der Inspiration und finde immer wieder das ‚neu sich offenbarende’ – wenn ich dafür offen und empfänglich bin.
Die künstlerische Suche ist eine spielerische, ein Experiment mit den tausend ‚Wenns’: wie wirkt es sich aus, wenn ich es so mache? Oder so? Wie ist es so…? Der Theatermacher Peter Brook drückt das folgendermaßen aus:
„Im täglichen Leben ist ‚wenn’ eine Fiktion, im Theater ist ‚wenn’ ein Experiment. Im täglichen Leben ist ‚wenn’ ein Ausweichen, im Theater ist es die Wahrheit. Wenn wir uns durchgerungen haben, an diese Wahrheit zu glauben, dann sind Theater und Leben eins….“ (Brook 1994)
Als Künstler akzeptiere ich die Menschen und Situationen nicht nur, ich identifiziere mich mit ihnen sogar „auf Zeit“ (z.B. wenn ich eine Rolle spiele), erfreue mich an ihrer Vielschichtigkeit und dem was sie mir in Spiel und Experiment offenbaren. Ich nehme die Wirklichkeit z.B. der Rolle genauso so ernst wie meine Alltagsrealität und bewege mich in beiden simultan, d.h. in einer doppelten Wirklichkeit (vgl. Schechner 1985). Mit einem künstlerischen Bewusstsein suche ich die ernsthafte, annehmend liebevolle Begegnung mit meinen ‚Gegenübern’ – mit mir selbst, meinen (Mit-)Spielern, meiner Rolle, mit psychischen Inhalten, gesellschaftlichen Prozessen, Dingen, Ideen. Eine Begegnung nicht von Subjekt zu Objekt, sondern dialogisch, intersubjektiv (im Sinne Martin Bubers)
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